Leszek Zadlo

Souveräner Tenorist

Das erste Mal habe ich den Tenorsaxophonisten Leszek Zadlo Ende der Siebziger Jahre im Braunschweiger Lindenhof gehört und gesehen. Er spielte mit einer von Charles Benecke zusammengerufenen Ad-Hoc-Band, die aus dem Pianisten Christoph Spendel, Horst Wagner, Bass, und Charles am Schlagzeug, bestand. Leszek war der Boss und strahlte die Autorität aus, die wir von den großen Tenoristen des Jazz kennen. Wie die Amerikaner, die mit europäischen Rhythmusgruppen auftreten, setzte er augenscheinlich voraus, dass die anderen Musiker jedes Stück, das im Jazz gespielt werden könnte, kennen würden. Ohne Vor-Information für die Begleiter spielte er mit Inbrunst und Meisterschaft eine Nummer nach der anderen. Es klappte.
Ein souveräner Musiker, der stark von John Coltrane beeinflusst schien. Aber wer war das zu der Zeit nicht?

Einer der ganz Großen in Europa

Nie werde ich vergessen, wie er einige Jahre später als Gast der Band eines in Braunschweig lebenden amerikanischen Saxophonisten jenen bei einem Blues in Grund und Boden spielte. Er hatte Soul und Emotion im Übermaß. Ohne Zweifel war und ist Zadlo einer der bedeutendsten Tenorsaxophonisten Europas.

Leszek wurde 1945 in Krakau/Polen geboren. 1966 siedelte er nach Wien über, setzte dort und in Graz seine Studien fort und wurde ein gesuchter Interpret des modernen Jazz, der mit Eje Thelin, der ORF-Big Band und vielen anderen Spitzenstars des europäischen Jazz spielte. Später ging er nach München, wo er an der „Jazz School“ unterrichtete. Außerdem komponierte er für Film und Theater – auch für das Staatstheater Braunschweig. Seine Lehrtätigkeit führte ihn schließlich an die Hochschule für Musik in Würzburg, wo er 2003 zum Professor ernannt wurde.

Für Solidarność mit dem Polski Jazz Ensemble

Daneben spielte er mit zahlreichen Bands, dem „European Jazz Ensemble“ und sogar mit der „Jazz Machine“ von Elvin Jones (der hatte ja immer Saxophonisten aus der Coltrane-Nachfolge in seinen Gruppen). Eine besondere Formation stellte er mit anderen Polen zusammen, die ihren Weg nach Deutschland gefunden hatten: das „Polski Jazz Ensemble“, in dem neben ihm der großartige Schlagzeuger Janusz Stefanski, der später in der NDR-Big Band unverzichtbare Pianist Vladislav Sendecki und der Bassist Bronislaw Suchanek spielten. Die Vier gaben viele Konzerte mit denen sie „Solidarnocs“, die Gewerkschaftsbewegung in Polen, unterstützten.

Leszeks Schaffen ist auf zahlreichen Platten dokumentiert, ob unter seinem Namen oder als Sideman. Sein Spiel zeichnet sich durch seinen Bezug auf Coltrane, einer oft lyrischen Phrasierung und intensive Emotionalität aus. Die Wärme seines liebenswürdigen Wesens spiegelt sich in seinem musikalischen Ausdruck wider.

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