Soulful Cal Massey

Mit unserer früheren Band „TuneUp“ spielten wir das Stück „These Are Soulful Days“, eine Komposition des Trompeters Cal Massey. Mir war es bekannt durch eine gleichnamige Platte des Organisten Don Patterson von 1973, auf der Pat Martino eine prominente Rolle spielte. Pat sollte das Stück über seine gesamte Karriere hinweg im Repertoire behalten.

Es gibt davon aber noch zahlreiche andere Interpretationen. Vielen Jazzfreundinnen und Jazzfreunden ist Cal Massey kein Begriff, obwohl etliche führende Jazzmusiker seine Kompositionen vorstellten. Wir kommen darauf zurück.

Wenige Informationen über sein Leben

Schlägt man in den Jazzlexika nach, stößt man nur vereinzelt auf kurze Einträge über diesen Musiker. Die ausführlichste Darstellung seiner Vita durch den britischen Jazzkritiker Alun Morgan befindet sich im Covertext zu seiner einzigen (!) LP mit dem Titel „Blues To Coltrane“, die vollständig erst 1987 – 15 Jahre nach seinem Tod und 26 Jahre nach ihrer Aufnahme – erschien. Ursprünglich war nur eines der Stücke auf einem Sampler des Labels „Candid“ veröffentlicht worden.

Calvin Massey wurde am 11.01.1928 in Philadelphia geboren. Seine Familie war extrem arm. An den Kauf eines Instruments für ihn, der Interesse an der Trompete entwickelte, war nicht zu denken. Auf dem Mundstück eines Nachbar übte er, bis er mit 14 in die Schulband eintrat und so zu einer Trompete kam. Bereits mit 15 begann er, in den Bands von Jay McShann und Buster Smith zu spielen. Nach einem Jahr Aufenthalt in New York kehrte er 1947 nach Philadelphia zurück. Dort freundete er sich mit John Coltrane und den Heath-Brüdern (Jimmy, Percy und Albert „Tootie“) an. Mit ihnen erforschte Cal gründlich den neuen Bebop-Stil und arbeitete an seinem Blues-Fundament in den Bands von B. B. King und Eddie „Cleanhead“ Vinson. (Bei Cleanhead wechselte John Coltrane zur gleichen Zeit von Alt- zum Tenorsaxophon.) Es zeigte sich schnell Cals große Begabung, Kompositionen zu schreiben.

Charlie „Bird“ Parker: Der erste bekannte Interpret eines Massey-Songs

Der große Charlie Parker spielte bereits 1951 Masseys „Fiesta“ ein.

Cal Massey und John Coltrane: Enge Freunde schon in Philadelphia

Cals Name taucht in verschiedenen Coltrane-Biografien und im von Lewis Porter herausgegebenen dicken Wälzer „The John Coltrane Reference“ auf. Wir erfahren, dass die beiden enge Freunde waren, Trane verschiedene Stücke von Massey einspielte, er 1966 ein Benefiz-Konzert für den notleidenden Cal spielte und Cal bei Coltranes Trauerfeier dessen Gedicht „A Love Supreme“ deklamierte. In einem Interview („Coltrane on Coltrane“), das Don DeMichael im August 1960 für das Jazzmagazin „Downbeat“ führte, sagte John Coltrane, als er zu seinen frühen Einflüssen befragt wurde: „Ein weiterer Freund und ich lernten zusammen in Philly – Calvin Massey, ein Trompeter und Komponist, der jetzt in Brooklyn lebt. Seine musikalischen Ideen und meine verliefen oft parallel, und wir arbeiteten oft zusammen. Wir halfen einander, uns musikalisch weiterzuentwickeln, indem wir Wissen und Ideen austauschten.“

Ein Leben am Rande derArmut

Aber anders als Trane, der zum Jazz-Superstar aufstieg, blieb Massey erfolglos: anerkannt unter den Musikern, ignoriert von Kritik und Publikum. Ob persönliche Probleme eine Rolle spielten, weiß ich nicht. In den 50ern leitete er erst eigene Gruppen, dann konzentrierte er sich aufs Komponieren. Mit seiner Familie lebte er oft am Rande der Armut.

Sehen wir auf die Massey-Stücke, die John Coltrane auf Platten vorstellte:

Das ist Cals „Nakatini Suite“, die das Plattenlabel Prestige als „Nakatini Serenade“ auf Coltranes „The Believer“ veröffentlichte.

Oder „Bakai“ von der Prestige LP „Coltrane“ (1957)

Coltranes erste große Impulse-Produktion „Africa Brass“ enthielt „The Damned Don’t Cry“. Laut der oben erwähnten „Coltrane Reference“ arrangierte Cal Massey die Komposition.

Besonders Blue Note Künstler nahmen in den 60er Kompositionen von Cal Massey auf: Lee Morgan, Freddie Hubbard oder Jackie McLean.

Demon’s Dance“ von der gleichnamigen LP von Jackie McLean (1967):

Massey war ein engagierter Bürgerrechtler. Er trat für die Black-Panther-Bewegung ein und komponierte „The Black Liberation Movement Suite“, die einige Male bei Benefizveranstaltungen aufgeführt wurde. Einige seiner Stücke haben Namen, die darauf hindeuten: The Cry of My People, Things Have Got to Change oder Dr. King, The Peaceful Warrior.

Hier gibt es den letztgenannten Titel, gespielt von Tenorsaxophonist Archie Shepp, in dessen Band Cal zeitweise Ende der 60er Jahre war und mit ihm nach Europa kam.

Zuletzt: Ein Musikdrama über Lady Day

Sein letztes Werk – zusammen mit Archie Shepp – war ein musikalisches Drama über das Leben von Billie Holiday, zu dem Cal einige Kompositionen beisteuerte. Es wurde 1972 „Off-Broadway“ uraufgeführt. Cal Massey starb 44-jährig am 25.10.1972 in New York an einem Herzinfarkt. Ein Wikipedia-Beitrag über ihn listet die meisten seiner Kompositionen und deren Interpreten auf. Es lohnt sich sehr, sie anzuhören.

Tenorist Zane Massey pflegt das Erbe des Vaters

Sein Sohn Zane Massey, ein Tenorsaxophonist, pflegt in eigenen Projekten das Erbe seines viel zu wenig beachteten Vaters.

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