April 2024

Ron Carter

An über 2200 Plattenaufnahmen war Ron Carter beteiligt, und es kommen immer noch welche dazu. Denn der 1937 geborene Bassist ist nach wie vor als Sideman und Leiter eigener Gruppen gefragt.

Ausgebildet als Cellist

Carter, der als Cellist begonnen hatte, um dann den Bass zu seinem Hauptinstrument zu machen, trat Anfang der 60er Jahre in den Bands von Chico Hamilton, Cannonball Adderley und Jaki Byard auf. Mit Eric Dolphy spielte er mehrere Platten ein, auf denen er das Cello als Soloinstrument im modernen Jazz (z. B. „Where?“) präsentierte. Auch auf dem berühmten Album „Out Of The Cool“ von Gil Evans war er dabei.

Miles!

Kein Wunder, dass Miles Davis auf den jungen Mann aufmerksam wurde, als er in einer musikalischen Krise war und sein neues Quintett aufstellen wollte. Miles umgab sich mit einer Rhythmusgruppe aus Carter, dem Pianisten Herbie Hancock und dem 17-jährigen Schlagzeuger Tony Williams. Dieses Team blieb von 1963 bis 1969 zusammen und gilt heute als die bedeutendste und einflussreichste Rhythmusgruppe des modernen Jazz. Zitat aus dem „Rough Guide Jazz“: „Mitte der 60er Jahre waren alle drei Musiker auf ihren Instrumenten wegweisend, und zusammen deuteten sie das Spiel einer Rhythmusgruppe um: Sie swingten wie nie zuvor und ließen dem Puls freien Lauf, ohne je den Beat zu verlieren, indem sie beinahe frei spielten, sich jedoch nie in einer totalen Abstraktion verloren. Das war etwas, was immense Virtuosität erforderte und in den kommenden Jahrzehnten Anhänger und Möchtegern-Nachahmer massenhaft anzog.“

Auf eigenen Füßen

Carter verließ Miles 1969, um in anderen Projekten in New York zu arbeiten. Schon während seiner Zeit bei Miles Davis war er an etlichen wegweisenden Blue Note – Aufnahmen (z. B. Hancocks „Maiden Voyage“ oder Wayne Shorters „Speak No Evil“) beteiligt. In den 70ern war er eng mit dem damals neuen Jazzlabel „CTI“ verbunden. Auf vielen der erfolgreichen, dem damaligen Zeitgeist verpflichteten Platten schuf er die zuverlässige Basis.

Carter vertritt die Ansicht, dass der Bassist als Stütze der Gruppe „verantwortlich für Time, Rhythmus, Harmonik und Linien“ sei. Dieses Credo erfüllt er mit scheinbar unlimitierter Technik und höchster Musikalität. Dabei profitiert er von seiner fundierten klassischen Ausbildung und seinen Erfahrungen mit Sinfonieorchestern in den 50er Jahren. In eigenen Bands spielt er auch den Piccolo-Bass als Soloinstrument, der im Klang ähnlich einem Cello ist. Zum E-Bass greift er nur selten.

Extrem vielseitig

In den letzten Jahrzehnten bewies Ron Carter immer wieder seine extreme Vielseitigkeit bei Miles-Davis-Tributen, bei funk-orientierten Bands, mit Rappern oder in Duos mit Jim Hall oder dem Akkordeonisten Richard Galliano.
Er lehrte Bass an der Juillard School, verfasste mit „Building A Jazz Bass Line“ ein Standard-Lehrbuch und bekam relevante Preise. Zweimal wurde ihm die Ehrendoktor­würde verliehen.

2022 erschienen ein Dokumentarfilm über Ron Carter mit dem Titel „Finding The Right Notes“ und ein gleichnamiger Soundtrack.

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