Brasilianisch, aber mehr als Bossa Nova
Denkt man an brasilianische Musik, fällt einem sofort die Bossa Nova ein, diese oft zärtliche, leicht melancholische Musik, die so tiefe Spuren im Jazz hinterlassen hat. Auch der brasilianische Multiinstrumentalist Hermeto Pascoal hat bei bedeutenden Bossa-Nova-Künstlern wie Sergio Mendes oder Antonio Carlos Jobim seine Laufbahn begonnen. Aber schon in den 70ern schlug er neue Wege ein. Er kombinierte die vielfältigen Rhythmen seiner Heimat mit Neuer Musik und Free Jazz, baute Fusion-Elemente ein und schuf daraus eine avantgardistische neue Spielart brasilianischer Musik. Um sich herum scharte er in seiner „Grupo“ immer wieder wechselnde Musiker, deren gemeinsames Merkmal unbändige Spielfreude war. Mit ihnen lebte er zeitweise in einer Art Kommune zusammen, in der ständiges Proben und damit die Realisierung seiner Kompositionen möglich war.
Playing in the rain
Ich erinnere mich an einen Auftritt der Grupo bei einem Open-Air-Festival Ende der 80er Jahre auf dem Braunschweiger Altstadtmarkt. Er regnete in Strömen. Die Band um Pascoal machte sich einen Spaß daraus, verließ die Bühne, musizierte heiß in einer Art brasilianischer Prozession und wurde immer nasser und lustiger. Das war ein Erlebnis.
Hermeto Pascoal wurde 1936 geboten. Der Autodidakt lernte Akkordeon, die anderen Tasteninstrumente, Gitarre, Saxophon, Flöte und – natürlich für einen Brasilianer – zahlreiche Perkussionsinstrumente. Er experimentierte mit den abenteuerlichsten Gegenständen und schreckte nicht davor zurück, selbst lebende Schweine auf der Bühne als Perkussionsinstrumente zu verwenden. Na ja.
Er war als Albino geboren und fiel mit seiner weißen Löwenmähne und später mit ebenso weißem Rauschebart auf. Besonders in den 80er- und 90er-Jahren war er mit seiner Gruppe erfolgreich und in Europa bei zahlreichen Festivals zu erleben.